Teilweise schlaflose Nächte

Tagesmütter berichten über ihre Situation während der Schließung der Kindertagespflegestellen

Landkreis Kassel. Mit der neuesten Anpassungsverordnung des Landes vom 19. Mai 2020 wird das Betretungsverbot für Kindertagespflegestellen aufgehoben. Es besteht nun ab dem 25. Mai 2020 die Möglichkeit, Kindertagespflegestellen wieder zu öffnen. Aber wie war es in den Wochen zuvor? Wie sind die Tagespflegepersonen im Landkreis mit der coronabedingten Situation umgegangen. Welche Sorgen, welche Lichtblicke hatten sie? Um einen kleinen Einblick zu bekommen, wie es hinter den Türen der Kindertagespflegepersonen aussah, haben wir bei einigen Tagesmüttern nachgefragt:

Nachgefragt bei Tagesmutter Carmen Löschengruber

Tagesmutter Carmen Löschengruber

Wie hat sich in den vergangenen Wochen Ihr Tag gestaltet?

Zu Beginn beschäftigte ich mich neben dem Homeschooling meiner Kinder mit einem Grundputz und desinfizieren der Kindersachen. Auch fand sich nun genügend Zeit den neuen Garten neu zu gestalten und ihn kindersicher zu machen. Den Eltern bot ich weiterhin Elterngespräche über das Telefon an. Wichtig war mir auch den Kontakt zu den Kindern nicht ganz zu verlieren und präsent zu bleiben. So fanden die Kinder Osterkörbchen vor der Haustür, und bekommen auch jetzt noch ab und an Bastelvorschläge, Sprachnachrichten und kleine Videos über das Handy oder den Computer zugeschickt.

Wie gestaltete sich die Notbetreuung?

Mit nur einem Kind und den oft ungleichmäßigen Zeiten, ist es während der Notbetreuung nicht einfach gewesen, die mir wichtigen Rituale und den gewohnten Tagesablauf beizubehalten. Dafür wurde die Verbindung zu mir und meiner Familie intensiver, was ich auch sehr schön finde. Es war und ist eben alles ein bisschen anders. Wir machen das Beste daraus und binden die „kleinen Mäuse“ einfach noch ein wenig mehr in die Familie mit ein. Wir verbringen viel Zeit mit ausgiebigen Spaziergängen, kochen zusammen und spielen im neu aufgestellten Sandkasten. Da ich inzwischen an manchen Tagen wieder zwei weitere Kinder begrüßen darf, ist es fast ein wenig wie immer.

Was beschäftigt Sie derzeit besonders? Welche Fragen stellen sich Ihnen?

Vieles hat sich inzwischen für mich positiv geklärt. Anfangs machte ich mir große Sorgen, da wir kaum Infos bekamen wie die Zukunft aussehen wird. In unserem Fall war die finanzielle Sorge um unser neu gekauftes Haus groß. Auch die Frage wie ich den teilweise verzweifelten Eltern helfen könnte bescherte mir schlaflose Nächte.
Inzwischen überlege ich wie ich die Kinder die leider keinen Abschied feiern konnten, da der Übertritt in den Kindergarten ansteht, noch zu ihrer traditionellen „Party“ kommen. Denn so ein abruptes Ende ist weder für die Kinder, noch für mich schön.
Wie und wann die neuen Eingewöhnungen stattfinden können und wie ich „neue“ Familien unter Einhaltung der Hygienevorschriften zu einem Kennenlern-Gespräch einladen werde, muss ich für mich noch klären.

Haben Sie einen Wunsch für die nahe Zukunft?

Ich wünsche mir auch weiterhin Hilfe und Unterstützung durch das Team des Fachdienstes für Kindertagespflege sowie der wirtschaftlichen Jugendhilfe für die Eltern der Tageskinder und auch uns Tagesmüttern. Ich denke es wird nötig sein, die Kinder und Eltern zu unterstützen, deren Eingewöhnung in den Kindergarten noch nicht stattfinden konnte oder in naher Zukunft angedacht ist. Manche Eltern haben nun kaum noch die Möglichkeit sich Urlaub oder freie Tage für die Kita Eingewöhnung zu nehmen. Eventuell könnte eine Zusammenarbeit mit dem Kindergarten sinnvoll sein, damit der „Übergang“ auch bei diesen erschwerten Bedingungen für die Kinder bestmöglich gestaltet werden kann.

Nachgefragt bei Tagesmutter: Katharina Hübner (kleine Hübber)

Tagesmutter Katharina Hübner

Wie hat sich in den vergangenen Wochen Ihr Tag gestaltet?

Am Anfang habe ich stündlich die Nachrichten verfolgt, da man selbst mit der Situation schwer umgehen konnte. Wir hatten ein Kind, das Kontakt zu dem Kind eines Coronainfizierten hatte. Jetzt mussten wir auch unsere Eltern beruhigen, da auch einige unserer Kinder in den darauffolgenden Tagen Krankheitssymptome zeigten, die aber nicht unbedingt mit COVID19 in Zusammenhang gebracht werden mussten. Die Lage hat sich aber wieder entspannt. Meinen Tag verbringe ich im Moment hauptsächlich als Lehrer, Hausfrau und Kinderanimateur.

Wie halten Sie Kontakt zu Ihren Tageskindern und deren Eltern?

Überwiegend telefonisch oder über Handynachrichten. Die Eltern zeigen Entwicklungsschritte der Kinder indem sie kleine Filme schicken oder uns auch schreiben, wie die Kinder immer wieder anbringen, dass sie mit uns spielen wollen. Wir telefonieren mit den größeren Kindern, schicken Erinnerungen, Lieder, Spielanregungen, damit sie die „kleinen Hübber“ nicht vergessen.

Was beschäftigt Sie derzeit besonders? Welche Fragen stellen sich Ihnen?

Wie geht es weiter? Wie können wir unsere Kinder liebevoll und mit der nötigen Unterstützung betreuen, die sie in ihrem Alter brauchen ohne uns und die Kinder zu gefährden? Wie und welche Hygienepläne lassen sich in der U3 Betreuung umsetzen? Wie wird die Betreuung im Winter aussehen, wenn die normale Erkältungszeit ist und wir die Kinder bei den kleinsten Anzeichen nach Hause schicken sollen? Wie lange wird der Zustand dauern? Wann kann man selbst wieder unbeschwert seine Familie und Freunde treffen?

Haben Sie einen Wunsch für die nahe Zukunft? 

Ich habe mich in dieser Zeit sowohl durch die Politik, als auch durch unseren Landkreis und die Vermittlungsstelle der AWO gut betreut gefühlt. Ich würde mir wünschen, dass die Kindertagespflege, die für mich eher teilselbständig ist, bei Krankheit, Arbeitsausfall und auch Vertretungsmöglichkeiten noch einmal angepasst wird. 

Nachgefragt bei Tagesmutter: Kerstin Giebeler und Kathrin Jäger aus der geNuTa Kunterbunt in Fürstenwald

Tagesmütter Kerstin Giebeler und Kathrin Jäger

Wie hat sich in den vergangenen Wochen Ihr Tag gestaltet?

Die Verunsicherung war groß und in dieser noch nie da gewesenen Situation stellten sich uns plötzlich tausend Fragen: Was kommt da auf uns zu? Wie organisieren sich die Eltern ohne Betreuungsangebot? Haben wir Kinder, deren Eltern systemrelevante Berufe ausüben? Und wenn ja, möchten wir für uns selbst dieses Risiko eingehen und Kontakt zu unseren Tageskindern haben? Dürfen wir dann unsere eigenen Kinder im Kindergartenalter mit zur Arbeit nehmen? Wie wird die Situation für unsere großen Kinder?

Die ersten Wochen konnten glücklicherweise alle Eltern die Betreuung ihrer Kinder zu Hause selbständig organisieren. Für diese Möglichkeit waren wir sehr dankbar, denn somit konnten wir selbst mit unseren Familien zu Hause bleiben.

Wie gestaltete sich die Notbetreuung?

Nach rund sechs Wochen erweiterte sich der Kreis derer, die Anspruch auf eine Notbetreuung haben. Dies war für uns der Startschuss unsere Arbeit wieder aufzunehmen. Wir erstellten neue „Kunterbunt-Regeln“ sowie ein Hygienekonzept für unsere Genuta. Für die Kinder, die noch immer zu Hause bleiben müssen, stellten wir nochmals einen kleinen Gruß mit Bastelideen sowie eine schöne Massagegeschichte zusammen.

Wie konnten Sie Kontakt zu Ihren Tageskindern und deren Eltern halten?
Kurz vor Ostern stellten wir für unsere Kleinen Überraschungstüten zusammen. Darin waren ein netter Brief, Bastelideen, Fingerspiele und Ostereier. Dazu regelmäßige Telefonate oder Handynachrichten. So waren wir immer gut über die individuellen Situation in den Familien informiert.

Was beschäftigt Sie derzeit besonders? Welche Fragen stellen sich Ihnen?

Nach nun fast zweiwöchiger Betreuung können wir sagen: Unsere Bedenken bezüglich der Bindung waren unbegründet. Zurzeit kommen täglich drei Kinder jeden Morgen voller Freude, von der Corona-Pause war nichts zu spüren. Jedoch sollte auch erwähnt werden, dass mittlerweile bereits sechs unserer insgesamt acht Kinder einen Anspruch auf Betreuung hätten. An dieser Stelle möchten wir ein großes Lob an das Team „Fachbereich Jugend“ aussprechen. Auf all unsere Anliegen, Fragen und Bitten wurde von den Mitarbeitern stets zeitnah, unbürokratisch und vor allem auch freundlich reagiert.

Haben Sie einen Wunsch für die nahe Zukunft?

Für die nahe Zukunft wünschen wir uns, dass sehr bald alle Tageskinder wieder kommen dürfen und uns der neue Alltag zurück hat. Aber vor allem hoffen wir, dass unsere Tageskinder mit ihren Eltern und Geschwistern, wir selbst und unsere eigenen Familien gesund bleiben.