Der Natur unter die Arme greifen

Versuchsfläche bei Hofgeismar: Mahdgutübertragung soll bei der Renaturierung von Kalkmagerrasen im Landkreis Kassel helfen

Hofgeismar. Magerrasen auf kalkhaltigem Ausgangsgestein gehören zu den artenreichsten Lebensräumen Europas. Gerade in Nordhessen sind sie Teil der traditionellen Kulturlandschaft. Massive Flächenverluste in den letzten 150 Jahren, insbesondere durch Nutzungsaufgabe und Verbuschung, haben jedoch dazu geführt, dass sie mittlerweile zu den besonders gefährdeten Biotoptypen in Deutschland zählen.

Mahdgutübertragung auf der Versuchsfläche bei Hofgeismar. Im Bild: (v.l.) Felix Helbig (Uni Osnabrück), Niels Klahold (Firma Klahold Holz & Forst), Dominik Poniatowski (Uni Osnabrück), Bürgermeister Markus Mannsbarth (Hofgeismar) und Jürgen Düster (Landkreis Kassel).

Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, hat der Landkreis Kassel im Rahmen des Naturschutzprojekts „Nachhaltige Renaturierung von Kalkmagerrasen“ damit begonnen, zugewachsene Magerrasenflächen im Bereich von Warme, Diemel und bei Hofgeismar wieder freizulegen. Begleitet wird das Projekt von Wissenschaftlern der  Uni Osnabrück. 

Auf einer Versuchsfläche am Weinberg, oberhalb der Deichhöfe bei Hofgeismar, wird nun ein Erprobungs- und Entwicklungsverfahren zur sogenannten „Mahdgutübertragung“ getestet. Dafür wurde auf einer Spenderfläche im Naturschutzgebiet Mittelberg artenreiches Mahdgut gewonnen und zu der Versuchsfläche gebracht, um es dort auf einem bereits vorbereiteten Keimbett auszubringen. „Dies ist notwendig, weil die wieder freigelegten Flächen aufgrund der langen Verbuschung mittlerweile floristisch stark verarmt sind“, erklärt der Landschaftsökologe Dominik Poniatowski. Die kleinwüchsigen Kalkmagerrasenarten wie Feld-Thymian, Kleines Habichtskraut, Tauben-Skabiose und Zittergras hätten es von alleine schwer, sich wieder anzusiedeln. Deshalb wird der Natur ein bisschen unter die Arme gegriffen. Sogar die passenden Insekten sollen an anderer Stelle eingefangen und wieder angesiedelt werden. 

Doch jetzt heißt es erst einmal warten. „Die volle Etablierung der Vegetation wird einige Jahre in Anspruch nehmen“, sagt Poniatkowski. Die Beweidung durch Schafe soll sicherstellen, dass die Fläche nicht wieder zuwächst. 

Für die Zukunft ist geplant, gemeinsam mit dem Naturpark Reinhardswald, auch Exkursionen zu den renaturierten Kalkmagerrasenflächen anzubieten. „Ich würde mich besonders freuen, wenn viele Schülerinnen und Schüler diesen für unsere Region typischen Lebensraum besuchen und gemeinsam mit den Lehrkräften die Artenvielfalt entdecken“, betont Jürgen Düster, Fachdienstleiter Landschaftspflege beim Landkreis Kassel, „denn so funktioniert Umweltbildung vor Ort“. 
 
Das Erprobungs- und Entwicklungsvorhaben wird vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) sowie den Ländern Hessen und  Nordrhein-Westfalen gefördert.

Weitere Infos finden sich auf der Internetseite  www.kalkmagerrasen.net (Öffnet in einem neuen Tab)