Landwirte verzichten auf Düngung und Pflanzenschutz

Anteil der naturnah bewirtschafteten Flächen im Landkreis Kassel ist gestiegen

Heimische Pflanzen wie der Kreuzenzian sind schützenswert.

Kreis Kassel. Es gibt immer mehr Äcker und Grünlandflächen für die Nahrungsmittelproduktion im Landkreis Kassel, auf denen keine Dünge- und chemische Pflanzenschutzmittel ausgebracht werden. "Über einhundert landwirtschaftliche Betriebe in Stadt und Landkreis Kassel wirtschaften nach den strengen Vorgaben der EU für den Ökolandbau und werden von zertifizierten Öko-Kontrollstellen betreut", teilt Thomas Ackermann, Dezernent für Landwirtschaft beim Landkreis Kassel mit.

"Auch nahezu ein Drittel der konventionellen Landwirtschaftsbetriebe bewirtschaften ihre für den Gewässer-, Natur- und Artenschutz sensiblen Flächen freiwillig naturnah. Sie unterwerfen sich auf den jeweiligen Standort bezogenen fachlich abgestimmten Bewirtschaftungsmaßnahmen mit der Einschränkung oder dem totalen Verzicht auf Düngung und Pflanzenschutz", erklärt Jürgen Düster, Fachdienstleiter in der Landschaftspflege beim Landkreis Kassel. Die damit einhergehenden Ertragsverluste und höheren Ertragsschwankungen können über das Hessische Programm für Agrarumwelt- und Landschaftspflegemaßnahmen (HALM) finanziell abgefedert werden. "Über 3 Millionen Euro stehen jährlich für Agrarumweltmaßnahmen in Stadt und Landkreis Kassel zur Verfügung und werden an ca. 450 teilnehmende Betriebe vom Fachbereich Landwirtschaft ausgezahlt", berichtet Martin Geldmacher, Leiter des Fachbereichs Landwirtschaft beim Landkreis Kassel.

Ein Umdenken im Sinne von Natur und Landschaft und zum Schutz der natürlichen Ressourcen Boden, Wasser und Luft haben Geldmacher und Düster mittlerweile bei vielen Landwirten festgestellt: "Immer mehr Landwirte sind bereit, sich auf Bewirtschaftungsmaßnahmen zum Schutz spezieller Arten von Flora und Fauna, zum Beispiel durch die Verbesserung von Lebensräumen, einzulassen." Dieses Vorgehen begrenze sich aber nicht nur auf die Bewirtschaftung von FFH- oder Naturschutzgebieten. Auch außerhalb würden Kalkmagerrasen, Streuobstwiesen, Ackerschonflächen, Brutplatzhabitate für Rebhühner, Flachlandmähwiesen und artenreiche Glatthaferwiesen angelegt und gepflegt, ganz zu schweigen von der Anlage zahlreicher Blühstreifen und Blühflächen sowie Erosions- und Gewässerschutzstreifen. Flächenmäßig spiele die Extensivierung von mehr als einem Drittel des Grünlands mit naturschutzfachlichen Sonderleistungen (unter anderem spätere Nutzungstermine, spezielle Beweidungsmaßnahmen oder die Anlage von Altgrasstreifen) eine große Rolle. Im Ackerbau werde in vielen Betrieben besonders auf die Vielfältigkeit der Fruchtfolge geachtet.

Trotz überbordender Bürokratie und unter dem Eindruck teilweise kontraproduktiv wirkender agrarpolitischer Weichenstellungen sieht Jürgen Düster die Landwirtschaft und den Naturschutz im Landkreis Kassel auf einem guten Weg. Der Landschaftspflegeverband des Landkreises Kassel fungiert dabei als ein Multiplikator für noch mehr Biodiversität und Nachhaltigkeit auf den landwirtschaftlichen Flächen.

Insekten wie der Kreuzenzianameisenbläuling kann man auf Wiesen finden und bestimmen.
Insekten wie der Kreuzenzianameisenbläuling kann man auf Wiesen finden und bestimmen.